Weltgebetstag

Zum Weltgebetstag 2023 aus Taiwan

Rund 180 km trennen Taiwan vom chinesischen Festland. Doch es liegen Welten zwischen dem demokratischen Inselstaat und dem kommunistischen Regime in China. Die Führung in Peking betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und will es „zurückholen“ – notfalls mit militärischer Gewalt. Das international isolierte Taiwan hingegen pocht auf seine Eigenständigkeit. Als Spitzenreiter in der Chip-Produktion ist das High-Tech-Land für Europa und die USA wie die gesamte Weltwirtschaft bedeutsam. Seit Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine kocht auch der Konflikt um Taiwan wieder auf.

In diesen unsicheren Zeiten haben taiwanische Christinnen Gebete, Lieder und Texte für den Weltgebetstag 2023 verfasst. Am Freitag, den 3. März 2023, feierten Menschen in über 150 Ländern der Erde diese Gottesdienste. „Ich habe von eurem Glauben gehört“, heißt es im Bibeltext Eph 1,15-19. Wir hörten, wie die Taiwanerinnen von ihrem Glauben erzählen  und mit ihnen für das einstehen, was uns gemeinsam wertvoll ist: Demokratie, Frieden und Menschenrechte.  

Die Hauptinsel des 23 Millionen Einwohner*innen zählenden Pazifikstaats ist ungefähr so groß wie Baden-Württemberg. Auf kleiner Fläche wechseln sich schroffe Gebirgszüge, sanfte Ebenen und Sandstrände ab. Über 100 kleine Korallen- und Vulkaninseln bieten einer reichen Flora und Fauna Lebensraum. Bis ins 16. Jahrhundert war Taiwan ausschließlich von indigenen Völkern bewohnt. Dann ging die Insel durch die Hände westlicher Staaten sowie Chinas und Japans. Heute beherbergt Taiwan eine vielfältige kulturelle und sprachliche Mischung. Nur etwa 2% der Bevölkerung gelten als Indigene.

Der Konflikt zwischen der Volksrepublik China und Taiwan geht zurück auf den chinesischen Bürgerkrieg zwischen 1927 und 1949. Damals flohen die Truppen der national­chinesischen Kuomintang vor den Kommunist*innen nach Taiwan. Es folgte nicht nur der wirtschaftliche Aufschwung als einer der „asiatischen Tiger-Staaten“, sondern auch die Errichtung einer Diktatur. Nach langen Kämpfen engagierter Aktivist*innen z.B. aus der Frauenrechts- und Umweltbewegung fanden im Jahr 1992 die ersten demokratischen Wahlen statt.

Heute ist Taiwan ein fortschrittliches Land mit lebhafter Demokratie. Gerade die junge Generation ist stolz auf Errungenschaften wie digitale Teilhabe, Meinungsfreiheit und Menschenrechte. Der hektische Alltag in den Hightech-Metropolen wie der Hauptstadt Taipeh ist geprägt von Leistungsdruck, langen Arbeitstagen und steigenden Lebenshaltungskosten. Und doch spielen Spiritualität und Traditionen eine wichtige Rolle.

Die meisten Taiwaner*innen praktizieren einen Volksglauben, der daoistische und buddhistische Einflüsse vereint. Zentrum des religiösen Lebens sind die zahlreichen bunten Tempel. Christ*innen machen nur vier bis fünf Prozent der Bevölkerung aus.

Über Länder- und Konfessionsgrenzen hinweg engagieren sich Frauen seit über 100 Jahren für den Weltgebetstag. Zum Weltgebetstag rund um den 3. März 2023 luden uns Frauen aus dem kleinen Land Taiwan ein, daran zu glauben, dass wir diese Welt zum Positiven verändern können – egal wie unbedeutend wir erscheinen mögen. Denn: „Glaube bewegt“!

Vor diesem weltpolitisch so brisanten Hintergrund feierte wir diesen Weltgebetstag. Das "alte" bewährte Team (siehe Artikel unten) stand wieder zur Verfügung. Ihr ward alle wunderbar! Eine große Herausforderung waren die Gerichte aus der Taiwanesischen Küche. Die vielen exotischen Zutaten waren nicht leicht zu bekommen - aber es ist uns wieder gelungen, das gastgebenden Land "schmackhaft" zu machen. Danke an alle Köchinnen, die so ungewohnte Speisen lecker präsentierten!

Eine Herausforderung waren auch die Lieder, die andere Rhythmen hatten mit chinesischem Einfluss. Auch das ist gelungen - Dank an die Sängerinnen, die sich unter der Leitung von Pfarrer Immo Wache dieser Aufgabe stellten. Immo begleitete uns auch wie stets musikalisch auf der Gitarre.

Nächster Weltgebetstag ist am ersten Freitag im März 2024 - dann unter neuer Leitung. Frauen aus Palästina erarbeiten die Liturgie hierfür.
Ein von Herzen kommendes großes Dankeschön an all die wunderbaren Frauen unserer Gemeinde Teneriffa-Süd, die mit mir diese Gottesdienste gestaltet haben. Ich werde Euch vermissen.

Verena Wache

Rückblick auf den Weltgebetstag am 4. März 2022:

Nachdem wir 2021 coronabedingt nicht feiern durften, war die Vorfreude auf den diesjährigen Weltgebetstag groß. Die Liturgie wurde von Frauen aus England, Wales und Nordirland erarbeitet unter dem Motto „Zukunftsplan Hoffnung“. Wie passend zu der politischen und pandemischen Lage in der Welt! Im Januar und Februar trafen wir uns zu Vorbereitungstreffen, verteilten die Rollen, machten uns über die Speisefolge nach dem Gottesdienst Gedanken, übten die Lieder ein und diskutierten über die Dekoration des Raumes. Schnell war klar: die Landesflaggen kommen diesmal nicht infrage. In England gibt es die meisten Rosenzüchter. Also sollten es Rosen sein als Tischdeko und auch für den Altar. Und so verwandelte Carmen in mühevoller Kleinarbeit verschiedenfarbige Servietten in Rosen, und das in solcher Menge, dass wir verschwenderisch mit dieser Blütenpracht umgehen konnten. Es sah wunderschön aus, so dass wir die Pracht auch für Folgeveranstaltungen präsentierten.

Die „technischen“ Rollen waren schnell vergeben. Elsbeth brachte uns zum Titelbild ihre Gedanken nah, Claudia präsentierte professionell die gastgebenden Länder (kein Wunder, hat sie doch eine Zeit in England gelebt), Lydia und Angelika übernahmen die Aufgaben der Leiterinnen und Lektorinnen und ich die Predigt, den Kollektenzweck (die Link-Cafés, die sich um Frauen in Gewaltsituationen kümmern) erklärte uns Jutta. Was uns vorher überhaupt nicht klar war: in den Ländern gibt es eine enorm hohe Zahl an sexualisierter Gewalt innerhalb und außerhalb der Ehe. Die Rolle von Natalie, die davon berichtet, übernahm Regina. Das war sehr mutig und emotional, danke dafür! Petra erzählte uns die Geschichte von Lina, die selbst auf Mahlzeiten verzichtet, um ihren Sohn und die Enkel zu ernähren. Und dann Emily – dargestellt von Carmen, die uns ihre leidvolle Geschichte von Behinderung und Ausgrenzung nahe brachte.

Dass der „Zukunftsplan Hoffnung“ nicht in Depression endet, liegt an den mutmachenden Gebeten aber vor allem an der Musik, die jeden Weltgebetstag „rockt“. Immo mit seinen mitreißend gespielten Gitarren gelang es, uns die richtigen Rhythmen und den Schwung mitzugeben, und alle sangen begeistert mit. Ein rundweg gelungener Gottesdienst!

Traditionell laden wir nach dem Gottesdienst immer dazu ein, das gastgebende Land auch zu „erschmecken“. Kann das bei englischer Küche gelingen? Ja, es konnte dank unseres Koch- und Backteams mit der Speisefolge: Tomatensuppe mit Minze, Sandwiches mit Eiersalat, wallisischem Zwiebelkuchen, Irish Stew, Scones und wallisischen Keksen.

Ein Erlebnis war das englische Getränk Pimm’s, das Claudia für uns gemixt hat – so eine Art Gurkenbowle – einfach lecker! Dazu gab es noch Guinness und Lagerbier und natürlich Tee. Ich danke von Herzen dem Küchenteam (hoffentlich habe ich keine vergessen): Adele, Elsbeth, Uschi, Hermine, Marianne, Regina, Lydia, Susanne, Elke, Petra, Fernand und besonders Uli. Ihr wart alle super! Und ich danke auch allen helfenden Händen, die dafür sorgten, dass zum Kirchencafé am Sonntag alles wieder blitzblank war. Und ich danke Margrit, die das alles fotografisch festgehalten hat.

Sehr schade war, dass durch das freitägliche Verkehrschaos viele nur verspätet kommen konnten und einige sogar entnervt wieder umkehrten. Aber ich denke, das Durchhalten in den Staus hat sich gelohnt.

Ich freue mich bereits aufs nächste Jahr – Ihr wisst ja, immer der erste Freitag im März. Gastgeberin ist dann Taiwan. Ich hoffe sehr, dass Taiwan dann keine chinesische Ukraine sein wird.


Bleibt behütet, Eure Verena